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Berti und Martin als Treiber auf Gesellschaftsjagd

Berti Kehrer, 2. Dezember 2012

Einladung zur GesellschaftsjagdEinige von uns haben schon unangenehme Erfahrungen mit Jagd oder Jägern gemacht, zum Beispiel vor vielen Jahren an einer Clubmeisterschaft im oberen Räggli gegen Arni, während der unglücklicherweise gleichzeitig eine Jagd stattfand. Die Jäger mussten aus Sicherheitsgründen verärgert abbrechen und unser OL war eigentlich irregulär. Mich interessierte nun, wie eine Jagd organisiert ist und wie sie abläuft. Nach einer Anfrage bei Herrn Paul Erni, einem Hedinger Pächter der Jagdgesellschaft Affoltern und Jagdleiter der Gesellschaftsjagd ergab sich die Möglichkeit, als Treiber an einer Jagd teilzunehmen, praktisch als Gegenrecht zu den Einladungen an unsere grösseren Orientierungsläufe.

Martin und ich bekamen eine witzige Einladung als Treiber zur Kugeldrückjagd vom 13. November 2012 im Jagdgebiet der Jagdgesellschaft Affoltern: Treffpunkt 8:00 Uhr, gejagt werden sollten Rehe, Füchse und Dachse. Auf der Rückseite der Einladung waren 15 Richtlinien zum Jagdbetrieb für die Jäger festgehalten, zum Beispiel: die Stände werden zugewiesen und dürfen während des Treibens nicht verlassen werden oder Schusssektor und Kugelfang auch bei Schrotschuss beachten, Schussdistanzen einhalten, keine Risikoschüsse. Es wurde mir klar, dass die Jäger eine eigene Sprache sprechen. Ich erstellte uns deshalb, soweit möglich ein kleines Glossar dieser "Fremdsprache" (siehe unten). Die Ausdrücke kommen aus der traditionellen Jagdsprache Deutschlands.
Ein Jäger muss mehrere anspruchsvolle Prüfungen über Jagdrecht, Waldgesetze, Wildkunde etc. bestehen und auch viel Erfahrung im Jagdbereich haben. Der Jagdaufseher hat die polizeiliche Aufsicht und der Jagdleiter trägt die Verantwortung für den Anlass. Vor der Jagd erstellt er einen genauen Plan, wo sich die Stände befinden und welche Bereiche die Treiber zu durchlaufen haben. Diese Information wird jedem Jäger vor der Jagd mitgeteilt.

Das Jagdgebiet um Affoltern (Gottert, Bislikerhau, Lettenhau, oberes Jonental, Nordteil vom Homberg, Jagdrevier 22 siehe Plan der Jagdreviere) wird von fünf Pächtern betreut. Sie sind verantwortlich, dass eine vom Kanton bestimmte Anzahl von Tieren pro Jahr erlegt wird, um die sonst wegen dem Fehlen natürlicher Feinde übermässig wachsende Population nachhaltig zu kontrollieren. Damit wird neben dem Rückgang der Verbissschäden auch erreicht, dass es auf den Strassen zu weniger Fallwild bei Fahrzeugkollisionen kommt (Jagdjahr 2011/2012 rund 10 Rehe, 14 Füchse, 1 Hase, 1 Steinmarder). Kräftige Rehe sollten nicht geschossen werden, sondern eher junge und schwächliche Tiere.
Am frühen Morgen des Jagdtages werden am Waldrand auf den Wegen, die ins Jagdgebiet führen, auffällige Warntafeln aufgestellt, um Spaziergänger, Jogger, Reiter etc. zu warnen. Auf eigene Verantwortung kann man diese Gebiete betreten, besser ist es natürlich, andere Wege einzuschlagen. Einige Jäger brachten ihre Hunde mit. Es gibt zwei Typen von Jagdhunden: Die Stöbernden sind eher klein, sie suchen frische Fährten und jagen während dem Trieb frei um die Jäger und Treiber herum, die andern sind etwas grösser und darauf ausgebildet, verletzte Tiere nach Autounfällen aufzuspüren und eventuell angeschossen fliehende Rehe zu verfolgen.

Jäger Treiber

Jetzt zu unseren persönlichen Erlebnissen: Ausgerüstet mit Bergschuhen und alten, mehr oder weniger wasserfesten Kleidern fanden wir uns um 8 Uhr in der Waldhütte Sennweid ein.Treiber mit Haselstöcken Der 13. November war ein nebliger, feuchter und kalter Herbsttag. 15 Jäger und 6 Treiber wurden mit Kaffee und Gipfeli in der Waldhütte empfangen. Die Sitzordnung war gegeben: Die Jäger setzten sich an ihren Tisch, die Treiber separat davon an einen anderen. Anschliessend erhielten wir frisch geschnittene ca. 1.80 m lange Haselstöcke, da jeder Treiber einen kräftigen Stock haben sollte. Ich war im Lauf des Tages dankbar dafür, da ich ihn oft als Balancierstange und zum Abstützen brauchte. Mit ihm konnte man auf Gebüsche schlagen und sich – neben lautem Rufen - mit Schlägen an Bäume mit den benachbarten Treibern und Jägern verständigen.

Ein kurzes Musikstück, gespielt von acht Jägern mit ihren Jagd-Hörnern, eröffnete sehr stimmungsvoll die Jagd. Aufgeregt und freudig lauten die Jagdhunde dazu und waren kaum noch zu bändigen.Eröffnung der Jagd In einem kleinen Bus wurden wir 6 Treiber mit drei nervösen Hunden zu unserer Ausgangsposition für den Trieb 1 gebracht, nicht ohne vorher mit orangen Leuchtwesten versorgt worden zu sein. Ich bekam die Anweisung, in ganz bestimmter Richtung zwischen 2 erfahrenen Treibern am Gottert-Westhang Richtung Süden zu laufen und dabei keinesfalls Gebüsch, Unterholz und Dornen zu meiden, denn gerade dort befinden sich die Rehe und Füchse. Mit lauten Rufen sollten wir Treiber uns über unsere gegenseitigen Standorte orientieren und wenn möglich in einer Linie fächerartig mit oder ohne Sichtkontakt laufen. Dies gelang uns sehr gut. Bei diesem Trieb sah ich ein Reh, das klugerweise uns entgegen rannte und damit aus dem Schussfeld der Schützen. Ich hörte jedoch zwei Schüsse, später auch deutlich das Abblasen. Martin wurde vom Jagdleiter in den Steilhang der Ostseite Richtung Reppischtal eingeteilt, wo er ungefähr 30 - 50 Höhenmeter unterhalb der Krete von Norden nach Süden mühsam traversieren musste, einem Gebiet das für OL nie benützt wird!

Es zeigte sich, dass zwei Rehe erlegt worden waren. Erlegtes Reh Beim Jagdhaus entfernten die Jäger fachgerecht die Innereien. Beim ausgenommenen Reh konnte man gut den kleinen Einschuss und die wegen der Auftreibung des Teilmantelgeschosses deutlich grössere Austrittswunde im Herz/Lungenbereich erkennen, die sicher zum sofortigen Tod geführt haben. Leider konnte bei diesem Trieb ein offensichtlich nur leicht angeschossenes Reh fliehen und auch durch intensives Suchen mit dem entsprechend ausgebildeten Schweisshund nicht gefunden werden.
Nach dem Mittagaser trieben wir einmal im Jonental (Trieb 2), eine sehr feuchte, steile und rutschige Angelegenheit. Dort sah ich mindestens vier Rehe, die jedoch nicht geschossen werden konnten. Der dritte und letzte Trieb fand vom Bislikerhau bis fast zum Hedinger Weiher statt. Dort sah ich keine Rehe mehr, es wurde auch keines geschossen.

Musikstücke zur Ehrung der erlegten Tiere Respektvoll auf Reisig gebettete erlegte Rehe Ehrung der erfolgreichen Jäger

Zum Abschluss waren wir zum Schüsseltrieb in der Hütte eingeladen. Vorher spielten die Jäger noch zu Ehren der erlegten Tiere drei Musikstücke, beeindruckend beim Eindunkeln mit zwei Feuern neben den toten, respektvoll auf ein Bett von Reisig gebetteten Rehen. Die erfolgreichen Jäger wurden geehrt und anschliessend mussten Martin und ich noch im Dreck kniend eine Taufe als Treiber über uns ergehen lassen. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass in dieser Männerrunde gebechert wurde, wobei übrigens bei den Jägern immer linkshändig angestossen wird, aber keiner der Anwesenden hatte zuviel getrunken.

Taufe als Treiber

Am späten Abend waren wir recht müde und sehr dreckig, trotzdem war diese Treibjagd ein ganz besonderes Erlebnis. Wir lernten Leute kennen, die wir sonst nie getroffen hätten ("eine andere Welt"), führten interessante Gespräche und wurden sehr offen über das Thema Jagd informiert. Am liebsten erinnere ich mich aber an die Stimmung im nebligen Wald, das Laufen buchstäblich über Stock und Stein, querwaldein durch Dickichte, die ich bei einem OL niemals betreten würde, allein und doch mit weitem Kontakt zu den Nachbartreibern.

Glossar

Trieb:Durchkämmen eines vorgegebenen Gebietes
Stand:Fester Hochsitz, mobiler Metallhochsitz oder ganz bestimmter Ort im Wald, so organisiert, dass die Jäger sich nicht gegenseitig gefährden
Anblasen:Jagdbeginn mit langem Hornton
Abblasen:Jagdende mit 3 langen Horntönen
Kugelfang:Nach dem Durchschlagen eines Schusses durch das Reh sollte die Kugel möglichst schnell im Gelände gestoppt werden
Aser:Mittagessen
Schüsseltrieb:Abendessen und Zusammensitzen nach der Jagd
Geläut:Das Lauten der Hunde während dem Jagdhornblasen
Forum: Wer möchte auch einmal eine Treibjagd erleben?
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